Anmod. i.d.Musik
Ruhe bitte! Alles auf die Plätze! Nehmt eure Hefte raus, es gibt eine
Menge Facts aufzuschreiben, die für die Arbeit am Freitag
äußerst wichtig sind! Wir werden gleich nochmal die gestrigen
Notizen durchgehen - letzte Gelegenheit, euer Material zu ergänzen!
Müller 3 - bitte mal den Tageslichtprojektor ingang bringen!
(Unschwer zu erraten: Radiotreff GL lädt Sie, liebe Hörer, heute ein,
in einer Schulstunde
Mäuschen zu spielen. Keine Angst, es sind ungewöhnlich artige
Schüler, sie lassen sogar die Lehrerin manchmal zu Wort kommen und -wie
Sie gleich hören werden- gibt es unter ihnen einige, die das Thema im
Geschichtsunterricht wirklich interessiert.)
Nun, Behrwein, über welchen Mann haben wir in der letzten Stunde
gesprochen?
Na, so schwer ist doch der Name nicht zu behalten, auch wenn er heute nicht
mehr modern ist. Behrwein, du weißt ihn nicht mehr? Also - wer kann ihm
da auf die Sprünge helfen? Ach, ausgerechnet unser Schlußlicht
meldet sich? Na, Katrin, wie hieß denn der alte Knabe?
Katrin: Blaise Pascal
Blaise Pascal! Donnerwetter! Sie weiß es tatsächlich und sie hat den
französischen Vornamen sogar richtig ausgesprochen! Blaise - so
heißt selbst in Frankreich heute kaum noch einer, und die deutsche Form
Blasius gibt es nur noch in Heimatfilmen, die in Süddeutschland spielen.
Also Katrin! Endlich scheint dich ein Thema mal zu interessieren! Dann stell
uns doch den netten Herrn Pascal mal ein bißchen näher vor - du
weißt schon: geboren am und wo usw.
Katrin: Blaise Pascal wurde am 19.Juni 1623 in Clermont in der mittel-
französischen Auvergne geboren. Sein Vater hieß Etienne Pascal
und
stammte aus einer angesehenen Adelsfamilie, seine Mutter
war
Antoinette Begon, und kam aus einer reichen Kaufmannsfamilie.
Blaise hatte zwei Schwestern, eine war älter und eine war jünger
als er.
Als Blaise drei Jahre alt war, starb seine Mutter und die Familie zog nach
Paris. Der Vater sorgte dafür, daß Blaise eine gute Ausbildung
bekam,
weil der Junge intelligent war, leicht lernte und gerne mit allen
möglichen
Dingen herumexperimentierte.
Katrin, du wirst mir unheimlich! Wenn ich nicht genau wüßte,
daß diesen druckreifen Aufsatz von niemandem abschreiben konntest - also
ich wette, ihr anderen habt nicht die Hälfte dieser Lebensgeschichte von
Blaise Pascal behalten.
Kappelberger, wie ist es diesmal mit dir? Du hast doch sonst immer alles parat,
auch wenn dich das Thema nicht grade vom Hocker reißt.
A.Kapp. Ich hab zuhause nochmal nachgeschlagen, mit was sich dieser
Franzose alles so beschäftigt hat. Schätze, der
hatte keine Zeit, in Discos zu
gehen oder für Dates mit Mädchen. Mit elf hat er wohl schon so ein
Heftchen
geschrieben über seine Experimente mit Klängen. Von seinem Vater
hat er
Griechisch und Lateinisch gelernt, und sich dann ganz von alleine mit
Mathematik und Geometrie beschäftigt. Und dadrin muß er irre gut
gewesen
sein, weil er so einige Formeln erfunden hat, wo ganz komplizierte Berech-
nungen einfacher durch wurden.
Ich staune, ich staune! Dieser mittelalterliche französische Teenager
scheint euch ja mächtig zu imponieren. Wo ihr doch sonst einen
großen Bogen um alle Leute macht, die ihre Zeit mit Schulbüchern und
Lernen verschwenden.
Nun sagt bloß, ihr habt auch noch behalten, mit wem sich dieser
Wunderknabe angelegt hat, als er seine Experimente und Erfindungen machte? Na,
Katrin?
Katrin: Als Blaise ungefähr 20 war, wurde sein Vater Steuerkommissar.
Blaise half dem Vater bei den Steuererklärungen. Da mußten
ziemlich
komplizierte Berechnungen gemacht werden, und Blaise
erfand dafür eine
Rechenmaschine,die konnte plus und minus rechnen und
malnehmen und
teilen. Er fragte eine Menge Uhrmacher, ob die so eine
Maschine bauen
konnten. Aber die meisten hielten Blaise für einen
Spinner und konnten sich
unter einer Rechenmaschine überhaupt nichts
vorstellen.
Kapp. Aber physikalische Versuche mit einem Quecksilber-Barometer
hat er
auch gemacht und ein paar ganz berühmten Wissenschaftlern bewiesen,
. daß i h r e Forschungsergebnisse Blödsinn
waren.
Ich bin ja ganz gerührt, wie ihr in die Kiste eingestiegen seid!
Hoffentlich haben alle anderen ihre Ohren aufgesperrt und ge-checkt, wie ein
Referat über Blaise Pascal also aussehen kann, wenn man will. Soweit, so
gut! Das waren die Fakten, die ihr zum Einstieg ins Thema vorige Stunde ja
schon bekommen habt von mir - nach der Pause geht es dann weiter mit der
nächsten Info -Runde über den Allround-man Blaise Pascal. Jetzt erst
mal raus - und: nicht so laut im Treppenhaus, Herrschaften!
(Lassen wir die jungen Leute erstmal ihr Pausenbrot verputzen. Bis zur
Radiotreff GL- Bürgerfunk-Werbepause hier in Radio Berg schnell noch ein
paar Daten von Blaise Pascal, die Ihnen ein wenig deutlicher machen, in welchem
gesellschaftlichen und bildungsmäßigen Umfeld er lebte.
Mit 15 wollte er viel mehr über die Gesetze der Geometrie und der
Mathematik wissen, als ihm sein Vater und dessen gelehrte Freunde sagen
konnten. Er gab sich also allein daran, den Euklid zu studieren, die Schriften
des Standard-Lehrbuches über Elementar-Geometrie.
Mit 17 hatte er bereits eine Ausarbeitung über Kegelschnitte
verfaßt, die sogar Fachgelehrte erstaunte. Die Familie Pascal war im
monarchistischen Frankreich am Hof des Königs Ludwigs IVX. nicht
unbekannt. Durch den Reichskanzler Richelieu bekam der Vater im Herbst 1639
einen Posten als Steuerkommissar.
Die älteste Tochter Gilbert heiratete Florian Perier. Mit ihm zusammen
startete er eine Reihe physikalischer Experimente, deren Ergebnisse die
Fachwelt erstaunten.
So intakt und leistungsfähig sein Kopf funktionierte, so schwach war die
körperliche Konstitution von Blaise Pascal. Aber darüber wird sicher
gleich in der Klasse 10b noch Näheres zu hören sein)
Gelbband
Hereinspaziert, meine Damen und Herren! Denkapparat an und Lautsprecher vorn
ausschalten! Wir kommen zum weiteren Verlauf des Lebens des Blaise Pascal aus
Clermont in Frankreich.
(Das scheint also fast ein Tagesseminar zu werden in dieser Schulklasse
über einen ungewöhnlichen Wissenschaftler aus dem 17. Jahrhundert.
Spielen wir weiter Mäuschen und hören mal rein, was die Schüler
an diesem Mann interessiert)
Kappelberger! Mach mir keine Schande! Wenn du als Klassen-Heroe jetzt auch
schon anfängst und unter der Bank Bücher liest! Zeig mal sofort her
den Schmöker!
Nanu!? Leben und Erkennen aus der Sicht des Blaise Pascal. Also, Kappelberger!
Das ist doch, also das ist ja das gleiche Buch, aus dem ich gerade zitieren
wollte!
Wer gleich mitschreiben will: Melissa, hier lies bitte den Abschnitt auf Seite
30 laut vor:
Melissa: Ich schaue die grauenvollen Räume des Universums, die mich
einschließen
und ich finde mich an eine Ecke dieses weiten Weltenraumes gefesselt,
ohne daß ich wüßte, weshalb ich nun hier und nicht etwa dort
bin, noch
weshalb ich die wenige Zeit, die mir zum Leben gegeben ist, jetzt erhielt
und
an keinem anderen Zeitpunkt der Ewigkeit, die vor mir war oder die nach
mir
sein wird. Ringsum sehe ich nichts als Unendlichkeiten, die mich wie ein
Atom, wie einen Schatten umschließen, der nur einen Augenblick
dauert,
ohne Wiederkehr. Alles, was ich weiß, ist, daß ich bald sterben
werde.
Aber, was der Tod selbst ist, das weiß ich am wenigsten.
Ja danke, lassen wir das jetzt einfach mal so stehen.
Du guckst so weggetreten, Michael - meinst du, wir wären im falschen Film
gelandet? Dieser clevere Blaise Pascal, der Forscher, der Wissenschaftler, der
Erfinder - und so ein verträumter Schwachsinn - das denkst du doch,
oder?
Na, sag lieber nichts. Katrin, was ist?
Katrin: Pascal hat sich ja auch mit vielen anderen Sachen beschäftigt,
und er kannte
eine Menge berühmter Leute, die über die Welt und die Menschen
ganz
verschiedene Meinungen hatten.
Ich merk schon, du könntest die Arbeit heute schon schreiben. Hast du denn
alles verstanden, was das für philosophische Lehren waren, die damals
aufkamen?
Nee, hab ich nicht begriffen. Ich weiß bloß, daß er schon
sowas ähnliches
herausgefunden hat, wie Albert Einstein, aber keiner hat
ihn damals so richtig
verstanden und er ist nicht so bekannt geworden wie
hinterher Einstein.
Na, besser hätte ich das auch nicht sagen können. Also, damit ihr mal
hört, wo die ganze
Sache drauf hinausläuft, werde ich euch gleich ein paar facts
diktieren.
(Blaise Pascal - war also - und das sogar nur unter anderem- der Albert
Einstein des 17. Jahrhunderts ? Relativitätstheorie, Quantentheorie -
waren für ihn im Prinzip alles bereits bekannte Größen? Na,
sieh einer an! Dazu noch ein Hinweis für Sie, als erwachsene Gäste
bei Klasse 10 b:
Die meisten Wissenschaftler damals wie heute basteln die Ergebnisse ihrer
Forschung nur aus den Fakten zusammen, die sich aus ihrem speziellen
Arbeitsgebiet ergeben -sprich Mathematik ,Philosophie, Physik oder Theologie.
Für Blaise Pascal gehörten aber alle Wissengebiete zusammen. Weil er
bei mathematischen Problemen physikalische Gesetze berücksichtigte und in
theologischen Fragen auch mathematisch dachte, kam er zu den erstaunlichsten
Schlußfolgerungen. Es blieb nicht aus, daß er dadurch zu einigen
seiner zeitgenössischen Wissenschaftler-Kollegen im krassen Widerspruch
stand. Aber zurück in die Klasse. Wird der Lehrer(in) das Kunststück
fertigbringen, den Kids verständlich zu machen, wieso ein derart
brillianter Wissenschaftler sich ebenso kompromißlos mit theologischen
Fragen beschäftigte?)
Blaise Pascal - bis jetzt haben wir nur von dem überragenden
Wissenschaftler,dem Mathematiker und Erfinder gesprochen. Genauso scharf dachte
er aber über Zusammenhänge nach, die den Menschen selbst betreffen,
also was den Sinn des Lebens angeht z.B., was seine Aufgabe hier auf diesem
Planeten betrifft z.B.,und wem der Mensch verantwortlich ist.
Wie er dazu kam,sich damit zu beschäftigen, ist in diesem Buch sehr
ausführlich beschrieben. Ich habe nur die wichtigsten Sachen herausgesucht
und werf jetzt die Liste mal auf die Wand. Melissa, u liest so schön
langsam. Also, einfach der Reihe nach!
Melissa: Blaise Pascal, geb. 19.Juni 1623 - bekam mit 24 Jahren einen
schweren,
gesundheitlichen Zusammenbruch. Er wurde am ganzen Unterkörper
gelähmt und konnte lange Zeit nur an Krücken gehen.
Weil er zur Erholung nach Paris mußte, traf er in den vornehmen
Salons
viele Adlige, durch die er die neuesten philosophischen Schriften
kennenlernte.
Er kam aber auch mit den neuen Richtungen religiöser Gruppen in Be-
rührung, die aus der Reformation Luthers enstanden waren und in
Frankreich viel Aufsehen und Unruhe machten.
Ja, danke - ihr könnt euch denken, daß so ein Mann wie Blaise
Pascal, der es gewohnt war, alles bis ins Kleinste logisch und nüchtern zu
durchdenken, sich auch mit den neuen Erkenntnissen beschäftigte, die
damals die römische Kirche ganz schön durcheinandergebracht
hatten.
Eine Gruppe nannte sich Janseniten, nach einem gewissen Cornelius Jansenius.
So wie es der Autor dieser Biografie hier beschreibt, machte Blaise Pascal eine
schwierige Phase durch. Man könnte es in einem Satz so ausdrücken: Er
wußte und verstand viel -sogar viel mehr als die meisten berühmten
Wissenschaftler - aber îhm wurde immer klarer,
daß ihn all sein Wissen nicht zu einem besseren Menschen machen konnte.
Das ist, ich geb es zu, eine sehr platte und einfache Beschreibung der
komplizierten Gedanken, die
Blaise Pascal durch den Kopf gingen.
Um die Sache abzurunden, werd ich versuchen, euch zu erklären, wie er die
letzten Lebensjahre verbracht hat, welche Bücher er geschrieben hat und
ein bißchen darüber, wie gut er seine wissenschaftlichen Kenntnisse
anwenden konnte, um philosophische und religiöse Dinge deutlich zu
machen.
Katrin, du wolltest was sagen?
Katrin: Meine Tante hat einen Spruch im Wohnzimmer an der Wand hängen,
der
ist von Blaise Pascal. Der heißt: das Herz hat seine vernünftigen
Gründe,
von denen die Vernunft nichts versteht
Nicht schlecht! Kleiner Tip von mir dazu: haltet das mal im Hinterkopf fest,
dann brauch ich das nächste Kapitel nicht mit tausend Sätzen zu
erklären.
(Blaise Pascal - man kann ihn ohne Übertreibung als "Wunderkind"
bezeichnen, hielt die Ergebnisse seiner Forschungen und Überlegungen in
ungewöhnlicher Weise schriftlich fest. Anstatt trockene Fakten
aufzuzählen, machte er sich die Mühe, seinen Standpunkt und die
Meinung seiner berühmtesten Fachkollegen als persönliches
Gespräch zwischen hochrangigen Wissenschaftlern zu schildern. Das war zu
seiner Zeit völlig neu und für den
Leser eine große Hilfe, sich selbst ein Urteil zu bilden. )
Kann ich deine Notizen mal sehen, Michael? Na ja, es steht wenigstens etwas auf
dem Papier. Hoffentlich fällt dir dazu soviel ein, daß es für
die Arbeit reicht.
Was über die letzten Lebensjahre von Blaise Pascal zu sagen ist,
paßt in eine halbe Seite dieses Buches. Und weil du so überraschend
fleißig warst diesmal, Katrin, hier bitte, lies du das Stück vor.
Katrin: Der harte Streit zwischen den katholischen Jesuiten und den
evangelischen
Janseniten kostete Blaise Pascals den letzten Rest seiner Kraft. Trotzdem
entwarf er für die Lehrerinnen der neu gegründeten evangelischen
Schule in
Port Royal noch eine neue Unterrichtsmethode, um den Kindern das Lesen-
lernen zu erleichtern, so ähnlich wie die moderne Ganzheitsmethode.
In den letzten Monaten seines Lebens plante er noch ein Omnibusunterneh-
men, d.h. eine Gesellschaft, die in Paris fahrplanmäßig Kutschen
verkehren
lassen sollte, damit auch die ärmeren Leute, die keine eigenen Pferde
und
Wagen hatten, schneller und einfacher ihr Ziel erreichen konnten.
An seinen wissenschaftlichen Forschungen arbeitete er nicht weiter. Er gab
sich ganz der Meditation hin über den Glauben, über das Gebet und
darüber,
wie die Liebe aus dem Glauben am besten den anderen Menschen zugute
kommt. Er starb am 19. August 1662, er wurde 39 Jahre und 2 Monate alt.
Als sein Körper geöffnet wurde, sah man, daß Magen und Leber
zusammen-
geschrumpft, das Gedärm war verfault und im Gehirn fand sich
Blutgerinnsel.
Trotzdem zeigt seine Totenmaske ein Lächeln, das beweist,daß
Blaise
Pascal von einem Frieden wußte, dem seine Krankheit und sein Tod
nichts
anhaben konnte.
Ja, danke. Soweit für heute. Wie Blaise Pascal persönlich von der
Lehre der Reformatoren betroffen war und welche Konsequenzen er daraus zog,das
wäre zwar auch eine interessante Betrachtung wert. Das kann aber jeder von
euch selbst nachlesen und das soll auch nicht Inhalt der Arbeit sein am
Freitag. Katrin meldet sich nochmal, dann bitte, Madam, Sie haben das
Schlußwort!
Katrin: Ich wollte nur fragen, ob wir in die Arbeit trotzdem reinbringen
dürfen, was wir
von Blaise Pascal als Christen denken?
Wenn du meinst, die Arbeit kriegte dadurch den letzten Schliff - bitte sehr.
Jetzt aber Schluß für heute, - rüber zur Sporthalle und das mit
möglichst wenig Phonstärken!
Alle unsichtbaren Zuhörer dieser Schulstunde können jetzt auch ihre
Notebooks wegräumen. Wer zuhause gleich oder später noch mehr
über Blaise Pascal wissen möchte, dem steht eine Menge Schrifttum zur
Verfügung - teils Pascals eigene Publikationen, aber auch in den
Büchern vieler anderer Autoren.
Verlagsquellenangaben bekommen Sie auf Anfrage gerne von uns, sowie vom Autor
des hier zugrundeliegenden Buches mit dem Titel "Glaubenswagnis" von Hanswalter
Giesekus.
Radiotreff GL wünscht Ihnen noch einen inhaltsreichen,interessanten Abend
und sagt...